Südsee und Schiffbruch Es war zur Zeit der Segelschiffe völlig offen, was mit einem Seemann passierte, der in der Südsee strandete, sei es auf Grund von Schiffbruch, Desertion, Meuterei: er konnte von den Eingeborenen erschlagen oder zu Tode gefoltert werden, vielleicht sogar verspeist... oder willkommen geheißen und in die Familie aufgenommen und wie ein Gott verehrt - freies Essen und Frauen inklusive. Das kam ganz darauf an, wann er wo anlandete, in welcher Situation sich die Bevölkerung gerade befand, und wie sie mit dem Fremden umgehen wollte. Es ist auch noch nicht allzu lange her, da wurden (christliche, nordeuropäische, und auf Grund der fehlenden Beschneidung ganz klar "ungläubige") Seeleute, die nach einem Schiffbruch an die Küste Arabiens gespült wurden, von den dort lebenden Nomaden ganz selbstverständlich als ein "Geschenk Gottes" betrachtet, als ein Ding, ein Sklave, den es zu benutzen oder zu verkaufen galt, als Strandgut also - jedenfalls nicht als Mensch. Es waren diese nicht unbedingt Menschen- oder Sklavenhändler, sondern sie sahen sich ganz einfach als Finder und damit als Besitzer dieses Menschen an, so wie man sich als Besitzer eine gefunden oder gefangen genommenen Tieres betrachtet- schließlich füttert man es ja auch und darf es jederzeit töten. Ein Sklave ist nun einmal ein Unter- oder Halbmensch; aber auch ein (Halb-) Gott ist kein Mensch, sondern ein Über-Mensch. Weder Sklaven noch Götter sind der eigenen Gruppe der "Menschen" zugehörig (alle primitiven Menschen nennen sich in ihrer eigenen Sprache "Menschen" und schließen damit alle Anderen aus). Nicht-schiffbrüchige Seeleute waren teilweise sehr aggressivem Handel ausgesetzt: alles, was sich auf einem Segelschiff befand, insbesondere das Metall, war von den isoliert lebenden Insulanern, die damals zudem noch in der Steinzeit lebten, heiß begehrt und wurde entweder mit Nötigung, Bedrohung oder mit Hilfe von Prostitution an Land gezogen, wobei natürlich auch die Väter/Brüder/Männer - und die Mütter - der Frauen davon profitierten. Ganz besonders galt das dem Schmied- und schärfbare Eisen (heutzutage ist es der wetterfeste Kunststoff und der Treibstoff- immer das, was auf solchen Inseln weder hergestellte werden kann noch vorhanden ist). Obwohl das Prinzip des hölzernen, mit Segeln angetriebenes Schiffes der jeweiligen Bevölkerung nicht unbekannt war, so war doch ein vergleichsweise riesiger, hohler, bauchiger, mit Kanonen bestückter Viermaster mit mehreren gefüllten Decks ein Ding aus einer anderen Welt und die bärtige Besatzung, obwohl offensichtlich menschlich, irgendwie außerirdisch. Noch heute glaubt ja ein gewisser Prozentsatz der Festland- Amerikanischen Bevölkerung, zu recht oder zu unrecht, von Außerirdischen entführt und vergewaltigt worden zu sein. Was sind dann erst die dampfgetriebenen eisernen Kanonenboote gewesen, was rasende Kampfflugzeuge für Leute, die gestern noch mit dem Speer auf die Jagd gingen? Ein Afrikaner berichtete, als er als kleiner Junge zum ersten mal (afrikanische) Soldaten mit Uniformen, Stiefeln (und Sonnenbrillen?) sah, hielt er sie für Teufel oder sonstwas, aber nicht für Menschen, da sie offensichtlich keine Füße hatten. Die Prostitution in der Südsee nahm während ihrer "Entdeckung" derart überhand, daß die Schiffe auseinanderzufallen drohten, weil die Seeleute alles von Bord trugen was nicht "Niet- und nagelfest" war- sie zogen tatsächlich die Nägel aus den Planken. Als ihnen danach mit drakonischen Strafen der Landgang verwehrt wurde, oder wenn Seeleute zur Bewachung des Schiffes an Bord geblieben waren, ruderten Väter und Brüder ihre Töchter und Schwestern hinaus und boten Sie für einen einzigen Nagel der Besatzung an- und wenn die Offiziere das Verboten, war der Unmut auf beiden Seiten groß, und aus Freundschaft wurde schnell Feindschaft, auf allen Seiten. Die Meuterei auf der Bounty hatte darin ihren Ursprung und fand deshalb auch Verbündete an Land. schließlich kann man aus Metall wirksame Waffen und Werkzeuge herstellen. So wurde der große Weltumsegler James Cook erschlagen, als er an Land ging, um gestohlenes Schiffsgut wiederzuholen. --- Es ist im Übrigen eine Irrtum zu glauben, Südsee-Insulaner seien "glücklich"- sie verbreiten nur Glück. So berichtete noch vor wenigen Jahren ein Engländer, der mit seiner Jacht durch die Südsee fuhr und hin und wieder mit dem Beiboot an Land ruderte, über den ihn zu Glückstränen rührenden Empfang der Kinder am Strand, den die Insulaner traditionelle allen Seeleuten bereiten, die nach der einsamen, gefährlichen und langdauernden Durchquerung der unendlichen Weiten des Pazifiks zufällig und lebend an ihre von Gott verlassene Stränden anlandeten, wo man sie dringend zur Auffüllung der Vorräte -und des Genpools- benötigte. Wenn nicht der Mägen. Ansonsten war das Leben der Südsee-Insulaner erfüllt von Furcht und Geisterglaube und den rigorosesten Heiratsgesetzen die man sich vorstellen kann. Insofern trafen mit den Engländern aus der viktorianischen Zeit Insulaner auf Insulaner. In Wirklichkeit war von freizügiger Sexualität, gar von Heirat, keine Rede. Das Wort tabu, wie tattoo, stammt aus der Südsee, und bedeutet soviel wie todeswürdiges Vergehen. Noch heute können Insulaner noch mit vierzig unberührt sein und bleiben. Die christliche Religion war für diese Menschen keine Unterdrückung, sondern eher eine Befreiung von den Zwängen und Ängsten ihres extrem eingeengten Alltages. Das gilt auch für Andere: So haben nach einer Reportage vom Mai 1998 viele Afrikaner oder Afrikanerinnen im Allgemeinen keinen Begriff von "Glück" im europäischen Sinne. Sie kennen zwar "happy" und "lucky", aber das bedeutet etwas anderes. Europäische Touristen "sehen" sich deshalb die Dinge schön. Eine Befragung von Touristen auf Samoa, ebenfalls von 1998, zeichnete das Bild der Inselbewohner als friedlich, freundlich, sorgenfrei und hilfsbereit. In Wahrheit habe, so hieß es, West-Samoa eine höhere Mordrate als die USA, die Selbstmordquote zähle zu den höchsten der Welt, psychische Erkrankungen seien häufig. Auch auf einer anderen, weit abgelegenen unzivilisierten Südseeinsel, das von den Bewohnern selbst als "Paradies" bezeichnet wird (es gibt keine gefährlichen Tiere oder Krankheitsüberträger) reguliert sich die Bevölkerung durch späte Heirat und Selbstmord, letzteres insbesondere seit dem die strengen Heiratsregeln gelockert wurden: "Wenn unser Leben aus dem Gleichgewicht gerät, wollen wir es nicht mehr." Ähnlich rituell, mit der gleichen Begründung, begingen Südamerikanische Urwald-Indianer Selbstmord, indem sie spezielle giftige Wurzeln aßen. In Europa würde man ein solches Verhalten als "depressiv" bezeichnen. Im Übrigen hieß die "Göttliche Kraft" der Maori in der Südsee, die z. B. bei der Verspeisung des Gegners auf einen selber über ging (die Übertragung des Geistes - das christliche Abendmahl ist da nicht viel anderes), 'Mana'. Es ist das polynesische Wort für "ein Gegenstand mit Macht oder Bedeutung". Auch das, was den verhungernden und verdurstenden Israelis in der arabischen Wüste als göttliche Stärkung vom Himmel viel, heißt in der Bibel 'Mana'.